Das Mysterium

Jetzt bin ich endlich dazu gekommen, „Das Mysterium“, das neuste Buch von Titus Müller, zu lesen.

Vor dem Hintergrund des Konfliktes zwischen Kaiser Ludwig (der Bayer) und dem Papst angesiedelt, lässt Titus Müller das mittelalterliche München auferstehen. Wie üblich gut recherchiert (und einem Anhang versehen, der über die historischen Hintergründe informiert) ist das neuste Werk des Autors auch sein bisher spannendstes.

Die Hauptfiguren sind Titus Müllers eigene Erfindung: der Kaufmann Neuhäuser, der ein mittelalterlicher Meister des Social Engineerings ist und der Führer der „reinen Kirche“, Amiel von Ax, mit dem die Geschichte der Katharer über ihr historisches Ende hinaus verlängert wird. Mit dabei auch der reale Wilhelm von Ockham, ein Franziskanermönch, der sich mit der katholischen Kirche überworfen hat und im Schutz des Kaiserhofes lebt.

Zwischen Versteckspielen, der Inquisition und einer Liebesgeschichte geht es immer wieder um die Frage: „Wie ist Gott wirklich?“
Müssen wir erst perfekt werden, um uns Gott nähern zu können? Können wir das überhaupt? Oder gibt es einen anderen Weg?

Alles in allem eine absolute Empfehlung – zumindest, wenn man historischen Romanen etwas abgewinnen kann.

Gewalt – (k)eine Lösung?

Gewalt – ist das eine Lösung für Probleme?

Viele werden jetzt in Gedanken aufschreien, sowas darf man doch nicht sagen und schon gar nicht schreiben. Am besten sollte man sowas noch nicht mal denken. Es ist doch schließlich gesellschaftlicher Konsens, dass Gewalt keine Lösung sein darf. Aber ich lasse mir nicht gerne das Denken verbieten, genauso wenig wie das Reden und das Schreiben. Also denke ich einmal laut darüber nach.

Kann Gewalt eine Lösung für ein Problem sein, so ganz rational betrachtet? Ja, das kann sie. Kommt mir jemand blöd, kann ich ihn umlegen – das Problem ist gelöst. Sicher, diese Lösung wird wohl andere Probleme nach sich ziehen, aber diese lassen sich ja auf die gleiche Art und Weise lösen. Was spricht also gegen eine Problemlösung mittels Gewalt? Und warum haben wir einen gesellschaftlichen Konsens in Deutschland, dass Gewalt keine Lösung ist?

Es gibt nur einen rationalen Grund, warum Gewalt keine gute Problemlösung ist: Es fehlt die notwendige Macht, um das Problem mit Gewalt zu lösen. Ist derjenige, der mir blöd kommt, stärker als ich, kann ich das Problem nicht mit Gewalt lösen. Weiß ich, dass eine Lösung mittels Gewalt von der Gesellschaft bestraft wird – zum Beispiel durch die Polizei – werden mir die Folgeprobleme zu groß, ich suche eine andere Lösung.

Es gibt aber noch einen zweiten Grund, warum Gewalt keine Lösung ist. Dieser Grund ist nicht rational, aber es ist tatsächlich der Grund – zumindest noch – warum hier in Deutschland nicht primär auf Gewalt als Lösung gesetzt wird. Dieser Grund beruht auf Moral.

Woher kommt diese Moral? Von Menschen kann sie nicht kommen, denn zum einen gibt es diese Einstellung in einigen anderen Ländern nicht, zum anderen lässt sich niemand einfach die Moral eines anderen Menschen aufzwingen. Diese Moral kann also nur von jemandem kommen, der von der Bevölkerung insgesamt als übergeordnet akzeptiert wird. Sie kommt von Gott, dem Gott, der gesagt hat: „Du sollst nicht morden.“

Das erklärt auch, warum in Ländern anderer Kulturkreise Gewalt durchaus als Lösung angesehen wird (hier gilt natürlich trotzdem der rationale Grund, Gewalt wird also nur eingesetzt, wenn man hofft, zu gewinnen). Und das erklärt auch, warum auch in Deutschland Gewalt zunehmend als Mittel der Problemlösung akzeptabel wird. Zwar sind diese Tendenzen noch nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen, an ihren Rändern aber, besonders bei Jugendlichen, ist dies deutlich zu beobachten. Sicher, auch früher haben sich Jugendliche geprügelt, aber mit der Zeit haben sie die Moral der Gesellschaft akzeptiert und sich zu eigen gemacht. Dieser Prozeß scheint immer mehr zu unterbleiben – selbst Mittzwanziger sind der Gewalt nicht entwachsen. Deutlich zu beobachten an aktuellen deutschen Rappern, die hemmungslos Gewalt propagieren.

Man täusche sich nicht: Eine Gesellschaft ohne übergeordnete Werte kann niemals moralisch sein. Eine Gesellschaft, die Gott ablehnt, verzichtet damit unweigerlich auch auf die Werte, die er gegeben hat.